Der Autowerkstatt 4.0-Hub ist ein innovatives Diagnosetool, das es Werkstätten ermöglicht, durch den Einsatz von KI-Modellen und modernen Datenverarbeitungstechnologien Fahrzeugdiagnosen effizient und sicher durchzuführen. Wie der Hub aufgebaut ist, welche Rolle KI-Modelle spielen und wie Werkstätten Daten vertrauenswürdig erheben und tauschen können, erfahren Sie in diesem Blogbeitrag.
Sucht ein Kunde mit unklaren Motorproblemen die Autowerkstatt auf, gestaltet sich die Fehlersuche meist sehr langwierig. Nicht selten werden unnötige Bauteile ausgetauscht, bevor das eigentliche Problem identifiziert ist. Schneller und effizienter geht es mit dem neuen Autowerkstatt 4.0-Hub, der im Rahmen des Forschungsprojektes von vielen Werkstätten getestet wird. Das Ziel des Hubs: Werkstätten eine dezentrale und effiziente Durchführung von Fahrzeugdiagnosen mit dem Einsatz von KI-Modellen zu ermöglichen, ohne dabei die Hoheit über die Daten abgeben zu müssen.
Der Hub: Flexibel und dezentral
Ähnlich wie herkömmliche Diagnosetools in der Automobilbranche soll der gemeinsam von der LMIS AG (Konsortialpartner), der Hochschule Osnabrück (Forschungspartner) und dem Bochumer Institut für Technologie entwickelte AW 4.0-Hub Werkstätten mit umfassenden Funktionen dabei helfen, Probleme bei Fahrzeugen zu identifizieren. Allerdings geht der Hub weit über traditionelle Diagnosetools hinaus. Fertig entwickelt wird er eine dezentrale Plattform darstellen, die Werkstattbetreiber als Cloud- oder On-Premise-Lösung nutzen können. Über eine webbasierte Oberfläche loggen sich Werkstätten in den Hub ein, legen neue Fälle an, lassen Fehlercodes auslesen und von der KI Diagnosen stellen.
Integriert in der Plattform sind moderne Technologien wie KI-Modelle und eine dezentrale Datenarchitektur, um Werkstätten bei der Interpretation der Fahrzeugfehler zu unterstützen und detaillierte Diagnosen zu ermöglichen. Dabei ist der Hub flexibel einsetzbar: Werkstätten müssen nicht auf vorgefertigte Lösungen wie bei marktüblichen Diagnosetools zurückgreifen, sondern können die speziell für ihre Situation erforderlichen KI-Modelle und Diagnosemodule in den Hub integrieren.
Datenhoheit und Peer-to-Peer-Netzwerk
Jede teilnehmende Werkstatt soll künftig ihren eigenen Hub betreiben, was die Datensicherheit und Datensouveränität erhöht. Das bedeutet: Es gibt keine zentrale Plattform. Stattdessen soll ganz im Sinne von Gaia-X ein dezentrales Peer-to-Peer-Netzwerk gefördert werden, in dem jede Werkstatt ihre Daten eigenständig verwaltet und auf Wunsch hin dem Netzwerk zur Verfügung stellen kann. Das bedeutet, dass der Hub nicht nur ein reines Datenlager ist. Er dient als Schnittstelle für Werkstätten, um sie mit dem Gaia-X-Ökosystem zu verbinden. Ein Datenkonnektor, etwa der „Eclipse Dataspace Connector“ (EDC), ermöglicht dabei den sicheren Datenaustausch zwischen den einzelnen Hubs.
Der AW 4.0-Hub befindet sich derzeit in der Testphase. Die teilnehmenden Werkstätten nutzen aktuell noch denselben Hub, um ausreichend Daten zu sammeln. Die Rückmeldungen und Daten der Nutzer sind entscheidend, um den Hub weiter zu optimieren und mehr KI-Modelle zu integrieren. Je mehr Daten vorliegen, umso mehr KI-Modelle lassen sich entwickeln.
Langfristig soll der Hub open access gestellt werden, sodass jede an Gaia-X teilnehmende Werkstatt die Möglichkeit hat, den Hub für Diagnosen zu nutzen und die gewonnenen Daten bei Bedarf dem Netzwerk bereitzustellen. Im Idealfall profitiert künftig das gesamte Netzwerk gegenseitig von den erhobenen Daten und den daraus gewonnenen Erkenntnissen.
So funktioniert die künstliche Intelligenz im Hub
Technisch gesehen kombiniert der Hub eine State Machine, einen Wissensgraph und künftig mehrere KI-Modelle. Die State Machine steuert den Diagnoseprozess, erfasst einen ersten Status, liest Fehlercodes aus und identifiziert die nächsten Schritte. Der Wissensgraph, der semantisch aufbereitete Informationen über Fahrzeugkomponenten und deren Interaktionen gespeichert hat, hilft dabei, basierend auf den Fehlercodes mögliche Fehlerquellen zu identifizieren. Ganz konkret ließe sich dadurch etwa erkennen, dass es bei dem eingangs erwähnten Motorproblem ein Problem mit dem Luft-Kraftstoff-Gemisch gibt, welches durch die Lambdasonde überwacht wird.
Im folgenden Schritt wird im Hub ein KI-Modell aktiviert, um spezifische Fahrzeugkomponenten, in diesem konkreten Fall also die Lambdasonde, zu analysieren. Im Idealfall erkennt das Modell den Defekt und empfiehlt zum Beispiel, die Lambdasonde zu überprüfen und bei Bedarf zu ersetzen. Möglich ist aber auch, dass eine ganz andere Komponente defekt sein könnte, obwohl der Fehlercode auf die Lambdasonde hinweist. Hier zeigt sich die Stärke des Modells, die entsprechende Hinweise geben kann. Der Mechaniker folgt dieser Empfehlung, überprüft die Komponente und stellt den tatsächlichen Fehler fest. Nach dem Austausch der Lambdasonde führt der Mechaniker erneut eine Diagnose durch, um sicherzustellen, dass das Problem behoben ist.
So der Plan für die Zukunft. Aktuell fehlen allerdings noch die erforderlichen Daten, um vollständige KI-Modelle im Hub verfügbar zu machen. Diese Daten werden im großen Rollout ab Juli von den teilnehmenden Werkstätten gesammelt.
Der AW 4.0-Hub: Was sind die Vorteile für Werkstätten?
Werkstätten können für die Nutzung des Hubs ihre eigene Hardware verwenden und dennoch auf umfangreiche Diagnosetools und rechenintensive KI-Modelle zugreifen. Der Hub ermöglicht es, Diagnosen präziser und schneller durchzuführen, indem er eine Vielzahl an Fehlercodes und deren mögliche Ursachen analysiert. Dies führt zu einer erheblichen Effizienzsteigerung und Kostensenkung in der Fahrzeugdiagnose.
Ein weiterer Vorteil ist die Diversifizierung: Im Gegensatz zu marktüblichen Diagnosetools bietet der Hub maßgeschneiderte Lösungen für jede Werkstatt. Werkstätten sind nicht mehr nur auf ein einziges Diagnosetool von einem Hersteller angewiesen, sondern können flexibel aus einer Vielzahl von KI-Modellen und Mess-Hardware wählen.
Zudem ist der Werkstatt-Hub dezentral gestaltet und folgt den Prinzipien von Gaia-X. Jede Werkstatt, die am Gaia-X-Datenraum teilnimmt, kann künftig ihren eigenen Hub betreiben und volle Kontrolle über ihre Daten behalten. Dies fördert die Datensouveränität, da Werkstattbetreiber selbst entscheiden, mit wem sie welche Daten in der Föderation vertrauenswürdig teilen und tauschen wollen.
Künftig liegt der Fokus darauf, noch mehr Werkstätten zu akquirieren und eine größere Datenbasis zu schaffen. Dies ist notwendig, um die KI-Modelle weiterzuentwickeln und die Diagnosemöglichkeiten zu erweitern. Die offene Architektur des Hubs ermöglicht es zudem, dass auch Drittanbieter demnächst ihre Diagnosesysteme und -modelle integrieren können.