Bis Jahresende können geeignete Werkstätten in Gaia-X integriert werden

Wer Geschäftsdaten sicher und souverän verarbeiten möchte, kommt nicht an Gaia-X vorbei. Gerade für Werkstattbetreiber:innen ist es entscheidend, zu wissen, wie sich Daten vertrauenswürdig erheben und austauschen lassen. Themen, die auch KI-Entwickler und IT-Dienstleister betreffen. Welche Infrastruktur mit welchen Federation Services (GXFS) bei AW 4.0 geplant sind und welche Vorteile ein Hub gegenüber Edge Devices hat, erklärt Raphaela Butz, M.Sc. Computer Science and Media eXplainable Artificial Intelligence Engineer Technical & Solution Architect bei LMIS.


Von Ralf Schädel, IT-Redakteur und Projektmanager Cloud Services und Gaia-X bei eco – Verband der Internetwirtschaft e.V.

Autowerkstatt 4.0: Frau Butz, welche Gaia-X Infrastruktur ist für AW 4.0 geplant?
Raphaela Butz:
Anstelle mehrerer intelligenter Edge Devices planen wir einen Werkstatt-Hub. Dieser kann entweder online in der Cloud oder als Hardware-Lösung für die Werkstätten bereitgestellt werden. Mit dem Hub werden Werkstätten direkt an das Gaia-X Autowerkstatt Ökosystem angebunden und bekommen Zugriff auf selbst aufgenommene Daten. Sie haben dann die Möglichkeit, diese selbst in dieser Föderation anzubieten.

Autowerkstatt 4.0: Welche Vorteile hat ein Werkstatt-Hub darüber hinaus?
Butz: Vorhandene Diagnosemodule lassen sich in den Hub implementieren, sodass Werkstätten auch rechenintensivere KI-Modelle nutzen können, ohne diese auf jedem Edge Device ausführen zu müssen. Das senkt die Anschaffungskosten. Ein Hub hat den Vorteil, dass er eine hohe Flexibilität bietet. Werkstätten können Mess-Hardware frei auswählen und souverän entscheiden, wie sie agieren wollen.

Autowerkstatt 4.0: Welche Funktionen muss die Infrastruktur von AW 4.0 erfüllen und wie setzt Gaia-X das um?
Butz:
Das Onboarding der Autowerkstätten erfolgt zentral. Hierbei werden Dienstleister, wie aktuell T-Systems für das Automobilnetzwerk Catena-X, eingebunden. Für jede teilnehmende Firma wird eine sogenannte Selbstbeschreibung erstellt und notarisiert, also die Richtigkeit beglaubigt. Damit erhält die Firma einen verifizierbaren digitalen Nachweis, das sogenannte „verifiable credential“. Mit ihm kann sich die Werkstatt an der Föderation Autowerkstatt 4.0 teilnehmen.

Alles andere wird dezentral verfügbar gemacht. Firmen können also ihre eigene Infrastruktur weiter benutzen. Für den Austausch von Daten zwischen den Teilnehmern der Föderation wird nur ein Datenkonnektor, z.B. der „Eclipse Dataspace Connector“ (EDC) benötigt. In diesem wird die Unternehmenskennung hinterlegt. Auch werden Service-Angebote mit den dazugehörigen Nutzungsvereinbarungen (Policies) im Katalog gespeichert und die Verknüpfung zum jeweiligen Datenprodukt hergestellt. Genauso können Angebote von anderen Teilnehmern über den EDC gefunden, gebucht und somit die Datenverbindung aufgebaut werden.

Autowerkstatt 4.0: Sind noch Anpassungen oder Erweiterungen erforderlich?
Butz: Derzeit nutzen wir den EDC und erweitern ihn entsprechend den Datenspeichern, die wir anbinden wollen. Zusätzlich müssen die Anforderungen für das Bereitstellen und Auffinden passender Datenprodukte für Autowerkstatt 4.0 formuliert und als Datenvorlage in den Systemen hinterlegt werden.

Autowerkstatt 4.0: Welchen Nutzen bringen die angesprochenen GXFS den Werkstätten, KI-Entwicklern und beispielweise Systemhäusern?
Butz: Systemhäuser oder Diagnosesystemhersteller können einfacher an KI-Modelle gelangen, indem sie ihre Daten über die Föderation AW 4.0 anbieten, wo sie dann von KI-Entwicklern gefunden werden können. KI-Entwickler haben den Vorteil, durch das automatisierte Handeln einfacher an Daten zu kommen. Werkstätten sind freier in der Wahl der Diagnosemodelle.

Autowerkstatt 4.0: Welche GXFS sollen konkret bei AW 4.0 eingesetzt werden?
Butz: Durch den Ausbau der GXFS-Services können wir immer die Integration neuer Services in Erwägung ziehen. Derzeit planen wir den „Organization Credential Manager“, den „Personal Credential Manager“ und das „Self-Description Tooling“ zu verwenden.

Autowerkstatt 4.0: Welche Services stehen bis dato schon bereit und welche Maßnahmen wurden schon getroffen?
Butz: Bis zum Ende des Jahres sind wir in der Lage, geeignete Werkstätten skalierbar in AW 4.0 zu integrieren. Wir haben Kriterien definiert, um Werkstätten zu bewerten. Die Werkstätten haben verstanden, wie sie bei AW 4.0 mitmachen und was sie vom Projekt erwarten können. Mit denen im kleinen Rollout gesammelten Daten haben wir eine Grundlage für die Ansprache von KI-Unternehmen erstellt und für Sichtbarkeit in der Community der KI-Entwicklung gesorgt.

Autowerkstatt 4.0: Es werden also alle Stakeholder in AW 4.0 eingebunden.
Butz: Richtig. Mit AW 4.0 wollen wir IT-Dienstleister, die sich auf KI-Modelle spezialisiert haben, mit Datenanbietern wie Werkstätten oder Diagnosesystemherstellern zusammenbringen. Unser Ziel: Gemeinsam eine schnellere Diagnose zu gewährleisten und den Werkstätten ein hohes Maß an Flexibilität zu bieten.

Autowerkstatt 4.0: Kann sich AW 4.0 dabei etwas von vergleichbaren Use Cases abschauen?
Butz: Einen vergleichbaren Fall stellt Agri-Gaia dar. Beim Projekt zur Errichtung eines agrarwissenschaftlichen Ökosystems für die Agrar- und Ernährungsindustrie werden Daten gesammelt, die in einem KI-Modul eines anderen Anbieters verarbeitet und wieder zurück an den Landmaschinenhersteller geliefert werden. Der Unterschied zu AW 4.0: Es geht nicht um die Diagnose von Fehlern im Auto, sondern das Erkennen von Pflanzen.

Autowerkstatt 4.0: Wird es in wenigen Jahren einen schlüsselfertigen Zugang zu Gaia-X Ökosystemen geben?
Butz:
Ja, weil die Infrastruktur und Servicelandschaft dann so weit ausgebaut sein werden, dass durch die einheitlichen Identitätsverfahren und Servicebeschreibungen keine unnötigen Hürden zur Zusammenarbeit vorliegen und sich Meta-Plattformen gebildet haben, die einzelne Föderationen sichtbar machen und den Handel weiter vereinfachen.

Vielen Dank für das spannende Gespräch!

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Über Ralf Schädel
Ralf Schädel ist IT-Redakteur, Referent und Projektmanager beim eco – Verband der Internetwirtschaft e.V. im Bereich Cloudservices und Gaia-X. Seit mehr als 20 Jahren publiziert und spricht der gelernte Verlagsredakteur im redaktionellen Kommunikationsumfeld von Tageszeitungen wie der Bonner Rundschau und dem Kölner Stadtanzeiger, Verlagen wie dem Medienhaus, in dem er als Redakteur inhaltlich das Fachmagazin IT-Mittelstand verantwortete und für dessen Schwesterpublikation IT-Director er geschrieben hat. Auch bei Agenturen wie Kernpunkt, der Digitalagentur i22 und PR Partner (heute Palmer Hargreaves) sowie in der Unternehmenskommunikation bei der Deutschen Telekom betreute er redaktionelle Themen. Ralf Schädel steuert beim eco insbesondere die Kommunikation der Projekte Autowerkstatt 4.0 und Service-Meister. Sein berufliches Profil: LinkedIn, Xing.