Künstliche Intelligenz (KI) gewinnt in der Automobilindustrie zunehmend an Bedeutung. Insbesondere im Aftermarket bieten KI-Technologien großes Potenzial. Im Interview mit Hannah Bellmann, Director of Business Development bei AHEAD Automotive, sprechen wir über den aktuellen Stand der KI-Integration, die Herausforderungen im Umgang mit Daten und die Zukunft der Automobilbranche.
Autowerkstatt 4.0: Frau Bellmann, im kommenden Autowerkstatt-4.0-Workshop am 16. Oktober sprechen Sie über KI-Integrationen in der Automobilindustrie – wie sieht der Status Quo vor allem im Aftermarket aus?
Hannah Bellmann: Derzeit befindet sich die Nutzung von KI-Technologien im Aftermarket-Bereich noch im Aufbau. Es gibt aber vielversprechende Entwicklungen. Der Fokus liegt etwa häufig auf der Automatisierung von Diagnose- und Wartungsprozessen. Wir von AHEAD Automotive bieten Lösungen, die auf einer effizienten Verarbeitung und Bereitstellung von technischen Daten beruhen, ohne jedoch auf maschinelles Lernen für die Analyse zurückzugreifen. Der aktuelle Trend zeigt, dass KI-Lösungen zunehmend auf spezifische Branchen zugeschnitten werden. In der Automobilindustrie, insbesondere im Aftermarket, gibt es aber noch große Herausforderungen, etwa wegen der Fragmentierung der Datenquellen.
Autowerkstatt 4.0: Was wird durch die Fragmentierung der Daten erschwert?
Bellmann: Die Daten sind in isolierten und schwer zugänglichen Silos gespeichert, was den Einstieg und die Entwicklung neuer Lösungen für Softwareentwickler erschwert. Insbesondere der Zugang zu Reparaturdaten ist kompliziert und erfordert teure, komplexe Verträge mit den Herstellern. Diese Fragmentierung und die hohen Einstiegshürden verlangsamen die Innovationsgeschwindigkeit erheblich. Ein einheitlicher Datenstandard und klar geregelte Lizenzmodelle könnten zu mehr Innovation und einem breiteren Angebot an Lösungen im Aftermarket führen.
Autowerkstatt 4.0: Welche spezifischen Herausforderungen sehen Sie bei der Erhebung und Verarbeitung der für KI notwendigen Daten?
Bellmann: Eine der größten Herausforderungen ist die Sicherstellung der Datenqualität und -verfügbarkeit in Echtzeit. Ein weiteres Problem besteht darin, dass viele Daten in verschiedenen Formaten oder Systemen vorliegen, was eine reibungslose Integration erschwert. Durch direkte Schnittstellen zu den Herstellern hat man dieses Problem weitgehend gelöst, indem man immer aktuelle und zuverlässige Daten abrufen kann.
Autowerkstatt 4.0: Wie gut funktioniert die Datenintegration und -teilung mit externen Partnern, etwa Zulieferern oder Werkstätten, Ihrer Ansicht nach derzeit? Was sind dabei die größten Hürden?
Bellmann: Die Zusammenarbeit mit externen Partnern verbessert sich, jedoch bleibt die Datenintegration eine Herausforderung. Viele Systeme sind nicht vollständig kompatibel, was den Austausch erschwert. Wir setzen hier auf Standardschnittstellen und Echtzeitzugriffe, um diese Probleme zu minimieren. Eine der größten Herausforderungen dabei ist die Sicherstellung der Datensicherheit und der Einhaltung der DSGVO, insbesondere bei der Verarbeitung von sensiblen Daten wie der Fahrzeugidentifikationsnummer (VIN).
Autowerkstatt 4.0: Wie kann man auf solche Herausforderungen reagieren?
Bellmann: Zum Beispiel mit hochsicheren Datenverarbeitungslösungen und Echtzeitzugriffen auf die Originaldaten der Hersteller. Dadurch bleibt die Datenhoheit bei den Herstellern, und es werden keine unnötigen Daten zwischengespeichert oder für andere Zwecke genutzt. Unser Unternehmen nimmt eine Schlüsselrolle in der Bereitstellung technischer Informationen ein. Wir ermöglichen durch unsere Plattform eine reibungslose Datenintegration und unterstützen unsere Kunden, indem wir ihnen jederzeit die neuesten Informationen zur Verfügung stellen. Diese Echtzeitinformationen erleichtern die Arbeit der Werkstätten erheblich.
Autowerkstatt 4.0: Welche zukünftigen Entwicklungen erwarten Sie in den nächsten Jahren hinsichtlich KI im Automotive-Sektor?
Bellmann: Wir erwarten eine zunehmende Automatisierung von Wartungs- und Reparaturprozessen durch den Einsatz von KI. Dies wird durch präventive Wartungssysteme und prädiktive Analysen vorangetrieben, die Ausfälle und notwendige Reparaturen im Voraus identifizieren können. Auch der Trend zu vernetzten Fahrzeugen wird das Datenvolumen und die Nutzungsmöglichkeiten für KI signifikant erhöhen.
Autowerkstatt 4.0: Wie könnte die Weiterentwicklung von KI die Beziehungen zwischen Automobilherstellern und Servicepartnern verändern?
Bellmann: Durch den verstärkten Einsatz von KI und datenbasierten Wartungslösungen wird die Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Werkstätten enger und datengetriebener. Hersteller werden verstärkt Daten bereitstellen, während Servicepartner in Echtzeit auf diese zugreifen und Reparaturen effizienter durchführen können. Dies wird die Abhängigkeit von präzisen Daten weiter verstärken und zu einem verbesserten Serviceerlebnis für die Kunden führen.
Autowerkstatt 4.0: Vielen Dank für das Gespräch!