Oszilloskope sind in modernen Autowerkstätten essenzielle Werkzeuge, um elektrische Systeme und Fahrzeugkomponenten präzise zu analysieren. Aber: Die Messgeräte sind komplex und teuer. Auto-Intern, Konsortialpartner bei Autowerkstatt 4.0, hat das Oszilloskop weiterentwickelt. Was die Vorteile des neuen Messgeräts für Werkstätten sind, welche Funktionen verbessert wurden und welche Rolle Künstliche Intelligenz spielt, lesen Sie im folgenden Blogbeitrag.
Die Batterie ist das Herzstück des elektrischen Systems eines Fahrzeugs. Sie liefert die notwendige Energie, um den Motor zu starten, und versorgt elektrische Komponenten mit Strom. Mit modernen Diagnosesystemen wie Oszilloskopen lassen sich über die Batteriespannung viele Probleme etwa im Motor analysieren. Das Spannungsmessgerät zeichnet elektrische Spannungen über einen bestimmten Zeitraum hinweg auf. Um die mit der Batterie verknüpften Fahrzeugkomponenten zu prüfen, verbindet ein Werkstattbetreiber die Prüfspitzen des Oszilloskops mit den Batterieklemmen im Auto und startet die Analyse. Die Darstellung der Spannung im Zeitverlauf auf dem Monitor zeigt dem Nutzer wichtige Informationen, die auf mögliche Probleme wie etwa eine falsche Kompression im Zylinder hinweisen. Eine detaillierte Analyse der Spannungskurve hilft, den Fehler zu finden und Maßnahmen zu ergreifen.
Hoher Bedarf nach einfachen Diagnosesystemen
Die Überprüfung der Batteriespannung mittels Oszilloskope ist demnach eine präzise Methode, um den Zustand von mit der Batterie verknüpften Fahrzeugkomponenten zu bewerten. Aber: Nur wenige Werkstätten nutzen regelmäßig Oszilloskope. Traditionelle Geräte sind groß, schwer und umständlich zu bedienen. Das Anschließen der Geräte, das Setzen der Trigger, um die Datenaufzeichnung zu starten, und die Interpretation der Daten erfordern spezielles Wissen und Erfahrung. Außerdem sind die Anschaffungskosten sehr hoch. Hochwertige Vierkanal-Oszilloskope kosten zwischen 800 und 1500 Euro – eine erhebliche Investition für Werkstätten.
Mit der zunehmenden Elektronisierung der Fahrzeuge steigt aber nicht nur die Relevanz solcher Diagnosesysteme, sondern auch der Bedarf an benutzerfreundlicheren und kostengünstigeren Alternativen.
Weiterentwicklung des Oszilloskops
Hier kommt Auto-Intern ins Spiel, Konsortialpartner bei Autowerkstatt 4.0. Das Bochumer Unternehmen hat das Oszilloskop im Rahmen des Forschungsprojektes weiterentwickelt. Das OmnAIScope – die Wortneuschöpfung steht für „Omnipotent Artificial Intelligence Oscilloscope” – ist das Ergebnis intensiver Forschung und Entwicklung und setzt neue Maßstäbe in der Fahrzeugdiagnose.
Das neue Gerät vereint alle Funktionen eines klassischen Oszilloskops in einem kompakten Gerät und nutzt eine intuitive Software, um Messungen zu steuern und auszuwerten. Bestehend aus einer Platine mit BNC- und USB-C-Stecker sowie einem Aluminium-Gehäuse benötigt das Scope einen direkten physischen Kontakt zur Spannungsmessung an der Fahrzeugkomponente. Diese Variante ist deutlich kleiner und leichter als traditionelle Scopes, was Transport und Handhabung in den Werkstätten enorm erleichtert. Bedient wird die „Plug and Play”-Lösung über eine Software, die auf einem Laptop installiert ist. Die Verbindung mehrerer Scopes zum Laptop erfolgt über einen USB-Hub.
Zudem hat Auto-Intern einen Prototypen eines E-Feldsensors entwickelt, der nicht-invasiv, also ohne einen direkten Kontakt zur Komponente, Spannungen in digitale Signale umwandelt. Die Feldsonde, die sich aktuell noch in der Entwicklungsphase befindet, misst dabei elektrische Feldstärken um bestimmte Fahrzeugkomponenten herum, ohne direkten elektrischen Kontakt über Kupferanschlüsse haben zu müssen. Dies vereinfacht etwa die Messung von Spannungen in schwer zugänglichen Bereichen im Fahrzeug.
Vorteile für Werkstätten
Alle Einstellungen und Auswertungen erfolgen direkt über die OmnAIView-Software und nicht wie sonst üblich am Diagnosegerät selbst. Dies macht etwa das Setzen von Triggern oder das notwendige Zoomen in die Daten einfach und effizient. Werkstattbetreiber können das OmnAIScope schnell einrichten und ohne viele Handgriffe bedienen, was ihnen wertvolle Zeit im geschäftigen Werkstattalltag spart.
Zudem ist das OmnAIScope deutlich günstiger als herkömmliche „Oszis” und flexibler in der Anzahl der messbaren Kanäle. Im Gegensatz zu traditionellen Scopes, die oft nur einen oder wenige Kanäle messen, kann das OmnAIScope bis zu sieben Kanäle gleichzeitig messen und Signale überwachen. Dies ist vor allem bei der Diagnose komplexer Komponenten wie etwa der Kurbel- oder Nockenwelle von Vorteil.
Künstliche Intelligenz für Präzision und Effizienz
Eine der bedeutendsten Neuerungen des OmnAIScopes ist die Integration von KI-Modellen, um Messdaten schnell zu analysieren. Die KI ermöglicht es, Muster in den Daten zu erkennen und genaue Diagnosen zu stellen. Werkstattbetreiber benötigen anders als bei herkömmlichen Scopes ohne KI-Modell keine tiefergehenden Kenntnisse über Oszilloskope, da sie selbst keine komplexen Analysen mehr durchführen müssen, um Fehler zu erkennen. Das übernimmt die KI – eine große Arbeitserleichterung für Werkstattbetreiber.
Die Verbindung moderner Oszilloskope mit KI erhöht die Diagnosegenauigkeit, was die Anzahl unnötiger Reparaturen und den Austausch von Bauteilen reduziert, da sich die Fehlerquellen über die KI genauer identifizieren lassen. Insbesondere bei der Vorhersage von möglichen Fehlern und der Optimierung von Wartungsplänen bietet die KI-gestützte Analyse viele Vorteile. Das spart den Werkstätten nicht nur Zeit, sondern sorgt auch für mehr Vertrauen bei Kunden, wenn Diagnosen präziser gestellt und weniger unnötige Reparaturen durchgeführt werden.
Rollout im Juli: Das OmnAIScope kommt zum Einsatz
Im Juli findet der nächste große Rollout der Messgeräte im Rahmen von Autowerkstatt 4.0 statt. Dann wird das AW 4.0-Team 45 Werkstätten mit dem neuen OmnAIScope ausstatten und Schulungen zur Nutzung der Geräte durchführen. Der Analyseschwerpunkt liegt auf dem Luftmassenmesser und der Lambdasonde. Das Ziel des Rollouts ist es, mit dem OmnAIScope eine größere Datenbasis zu schaffen, mit der das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) und DEKRA DIGITAL KI-Modelle trainieren können.
In Zukunft wird das Team das OmnAIScope weiterentwickeln, um noch genauere Messungen und Analysen zu ermöglichen. Künftig sollen neben der Analyse der Lambdasonde und der Batteriemessung mehr Analysen am Fahrzeug möglich sein, etwa der Kurbel- und Nockenwelle oder der Lichtmaschine. Außerdem soll das Diagnosesystem erweitert werden: Das OmnAIScope und die E-Feldsonde können dann parallel Spannungen und E-Feldstärke aufnehmen und gleichzeitig an den Hub angeschlossen werden. Das Ziel: Je nach den individuellen Bedürfnissen sollen sich Werkstätten die für sie optimale Lösung selbst zusammenstellen können.
Auch die Samplingrate der Oszilloskope will das Team erhöhen. Derzeit beträgt diese 100.000 Datenpunkte pro Sekunde. Diese Frequenz ist für Werkstätten zwar ausreichend, da sie eine detaillierte Analyse von Spannungsverläufen und anderen Signalen ermöglicht. Für Universitäten und Schulen hingegen könnte eine höhere Samplingrate sinnvoll sein, um noch feinere Details und schneller wechselnde Signale erfassen zu können. Dies ist besonders wichtig für Forschungs- und Ausbildungsprogramme, bei denen präzisere Daten erforderlich sind, um komplexe Phänomene zu untersuchen und tiefere Einblicke in elektronische Systeme zu gewinnen.